Windkraft
Das Foto eines Wespenbussards, der wenige Meter vor der sich drehenden Rotorspitze zurückschreckt und damit einen Zusammenstoß gerade noch verhindern kann, illustriert auf beeindruckende Weise die Kollisionsgefahr an Windenergieanlagen (WEA), der insbesondere Vogelarten ausgesetzt sind, die eigentlich mit einem sehr guten optischen Sinn ausgestattet sind. Doch Geschwindigkeiten der Rotorspitzen von WEA von 200 km/h und mehr überfordern offensichtlich auch Greifvögel, die in der Natur sich solch schnell im freien Luftraum bewegenden Objekten normalerweise nicht ausgesetzt sind.
Da über Umfang und Bedeutung dieses anthropogenen Mortalitätsfaktors in Nordrhein-Westfalen trotz einer relativ hohen Zahl betriebener WEA (rund 3000 im Jahr 2014) kaum etwas bekannt war, entschloss ich mich im Jahr 2009, Kollisionsopfer an WEA in meinem Arbeitsgebiet des Weihen-Schutzprogramms ab 2006 zu recherchieren und möglichst genau zu dokumentieren. Dabei beschränkte ich mich weitgehend auf größere Vogelarten, die am ehesten von Spaziergängern, Landwirten, Jägern oder Ornithologen unter WEA gefunden und gemeldet werden. Das gilt besonders für langlebige Greifvogel- und Eulenarten mit relativ niedrigen Fortpflanzungsraten, bei denen schon einzelne Verluste an WEA sich negativ auf lokale Brutpopulationen auswirken können.
Neue publizierte Forschungsergebnisse des britischen Sinnesphysiologen Graham Martin legen nahe, dass Großvogelarten mit eingeschränkten Gesichtsfeldern (Ergebnis von Lage, Form und Größe der Augen) im weiträumig freien Luftraum auftauchende Strukturen wie z.B. Freileitungen nicht wahrnehmen können, wenn sie im Flug nach unten schauen. Das erklärt auch, warum Vögel wie z.B. Großtrappen in größeren Zahlen selbst an Freileitungen verunglückten, die zur besseren Sichtbarkeit markiert worden waren. Greifvögel und Eulen haben ebenfalls kleine Gesichtsfelder und Arten wie Rotmilan und die Weihenarten blicken im Flug häufig nach unten. Prof. Martin geht davon aus, dass diese Eigenschaften auch eine (Teil-) Erklärung für die vielen Kollisionen von Greifvögeln und Eulen an WEA sind.
Autor: Hubertus Illner