Arbeitsgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.
Biologische Station Soest

Waldrapp

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Am 29. Dezember 2023 wurde der ABU ein Waldrapp auf einem Feld bei Lohne gemeldet. Sofortige Nachsuche erbrachte: nichts. Kann ja auch nicht sein, der Waldrapp ist in Europa ausgestorben! Es gibt allerdings ein Wiederansiedlungsprojekt in Österreich und Süddeutschland. Hier werden Zoovögel vermehrt und ausgewildert.

Naja, in der nächsten Zeit hielten wir die Augen offen – man weiß ja nie … Und, wer hätte das gedacht, am 20. Januar entdeckte Roland Loerbroks an einem trüben Nachmittag bei Hovestadt einen Waldrapp, der auf einer kleinen Wiese herumstocherte. Aber schon nach wenigen Minuten war der Vogel wieder weg und nicht mehr aufzufinden. Auch am Morgen des nächsten Tages gähnende Leere. Aber am Vormittag war er plötzlich wieder da: ein unberingter junger Waldrapp ohne Sender. Nach der Auskunft einer Anwohnerin ließ sich der merkwürdige Ibisvogel schon seit mehreren Tagen immer wieder blicken.

Wie kann das sein – ein Waldrapp im Kreis Soest? Die Art war zwar einst im südlichen Europa (auch Süddeutschland) verbreitet, wurde aber ausgerottet – sie sollen gut schmecken. Übrig blieben nur Kolonien in der Türkei und Syrien (Zugvögel) und Marokko (Nichtzieher). Leider sind die Zugvögel mittlerweile auch verschwunden. Ein ausgeklügeltes Wiederansiedlungsprojekt in verschiedenen europäischen Ländern versucht, den Waldrappen das Zugverhalten wieder beizubringen. Dazu werden Jungvögel trainiert, Ultraleichtflugzeugen in den Süden zu folgen. Klappt auch! Im Herbst 2023 brach allerdings eine über 30köpfige Gruppe von Jungvögeln nach Norden auf. Einige erfahrene Schlauköpfe drehten rasch wieder um, aber etliche Diesjährige flogen unbeirrt weiter, einige bis Dänemark und Schweden. Auch hier und da in Deutschland tauchten Waldrappe auf. Manche Vögel waren mit Farbringen markiert und trugen Sender, andere aus Freibrüter-Nestern nicht (näheres s. bei www.waldrapp.eu).

Und der Soester Vogel? Es scheint ihm gut zu gehen und er ist sehr aktiv. Sein Streifgebiet ist ziemlich groß, reicht offenbar mindestens von Lohne bis zum Lippetal (es gab aus dem November auch eine unbestätigte Meldung aus dem Möhnetal), oft ist er gar nicht zu finden. Wir haben die Beobachtungen bisher etwas „unter der Decke“ gehalten, aber das Waldrapp-Team weiß natürlich Bescheid. Nun steht es in der Zeitung und jetzt auch auf der ABU-Website. Wir hoffen, kein wilder Ornitho-Tourismus setzt ein. Ganz wichtig: Wer den Waldrapp sieht, sollte sich freuen und uns eine kurze Nachricht geben. Aber: nicht auf den Vogel zugehen, keinesfalls aufscheuchten, nicht versuchen zu füttern! Hoffen wir, dass er den Winter gut übersteht und im Frühjahr wohlbehalten nach Süddeutschland oder Österreich zurückkehrt.